© 2019 Katharina Bisset

Disruption is eines dieser Wörter bei denen man nicht weiß, ob es das Wort oder das Un-Wort des Jahres wird. Ob man nun disrupten möchte, oder mit der Disruption leben lernen muss, das Wort lässt sich aus fast keiner Branche mehr wegdenken.

Warum ist Disruption so ein Hype?

Eines ist klar – Disruption ist nichts neues. Meist geht sie mit wissenschaftlichem Fortschritt einher. Es ist nicht schwer, dies in der Vergangenheit zu beobachten. Trotzdem scheint es, als ob heutzutage Disruption fast als etwas neues empfunden wird. Jede Generation rollt die Augen, wenn ältere Generationen einem sagen: “das haben wir immer schon so gemacht” oder mein all-time-Favourite: “früher war’s viel schlimmer”. Eben.

“If it pisses people off, it’s probably going to be disrupted”

Diese Aussage tätigte die Unternehmerin & Schriftstellerin Joanna Penn in ihrem Podcast. Nutzer geben sich selten zufrieden mit etwas, dass sie stört. Das ist die Chance von Unternehmern, die dann ein praktisches Problem lösen können, während alles anderen es machen, wie sie es immer schon gemacht haben.

Aber was heißt das für Juristen?

Die Juristerei und noch viel mehr die Anwaltsbranche ist oft als technikphob und verstaubt verschrien. An der Kerntätigkeit eines Anwalts hat sich in den Jahrhunderten seit Plato auf den ersten Blick wenig verändert. Vor Gericht wird argumentiert, Mandanten werden beraten, Schriftstücke und Verträge werden geschrieben und geprüft. Und doch… gibt es LegalTech. Die Fragen: Was kann automatisiert werden? Wie kann ich besser / schneller / billiger als meine Konkurrenz sein? stellen sich plötzlich auch Anwälte.

Es lief doch eigentlich ganz gut – woher kommt der Druck?

Die Digitalisierung hat auch bei Anwälten schon lange Einzug gehalten. Mit Gerichten wir per elektronischem Rechtsverkehr kommuniziert, diktieren kann man auch dem Computer, und das Wissen steht in Datenbanken und nicht mehr (nur) in der Bibliothek. Das kann es also kaum sein.

Are we all Snowflakes?

Mit Gen Y, über Millennials und nun durch Gen Z sind Generationen auf den Arbeitsmarkt gekommen, die noch mehr als die Generationen davor alles wollen. Eine erfüllte Arbeit und Freizeit, und Erlebnisse, und, und, und… Viel davon lässt sich durch Digitalisierung mit dem Beruf verbinden. Je mehr digitalisiert ist, umso mehr Flexibilität kann man haben – wenn man es richtig macht.

Zugang zum Recht

Anwälte sind teuer – noch eines der Vorurteile. Kann stimmen, muss es aber nicht immer? Oft denken sich Leute, dass es sich wegen kleinen Problemen nicht auszahlt, zum Anwalt zu gehen. Wenn nun durch Effizienzsteigerung, Kostenoptimierung und LegalTech die Kosten gesenkt werden können, kann eine Rechtsverfolgung in vielen Bereichen vereinfacht werden. Natürlich wird das nie überall gehen; am Ende des Tages ist ein ein kreativer Beruf, und wir Juristen/Anwälte wollen uns auch nicht überflüssig machen.

Vielleicht können wir uns aber mit ein bißchen Disruption wieder auf das Wesentliche konzentrieren, das Argumentieren, das Beraten, das kreative Schaffen…

Wenn Paradoxe nicht mehr paradox sind

Da bleibt uns am Ende nur noch die Überlegung, welches Anwalts-Paradox als nächstes hinterfragt wird oder wie wir uns selbst disrupten können, bevor es andere tun.

“Uber, the world’s largest taxi company, owns no vehicles. Facebook, the world’s most popular media owner, creates no content. Alibaba, the most valuable retailer, has no inventory. And Airbnb, the world’s largest accommodation provider, owns no real estate.
Something interesting is happening.”

Tom Goodwin